Markt & Sourcing

IT-Sourcing: Transition und Transformation

von Thomas Hauzenberger

Bei der eigenen Mitwirkung an der Transition und Transformation (T&T) im IT-Sourcing verschätzen sich die meisten IT-Organisationen. Dabei entscheiden ihre Ressourcen maßgeblich über den Erfolg der Partnerschaft. Wie können Kunden und Provider die Beistellleistungen auf Augenhöhe verhandeln und einen reibungslosen Übergang managen?

 

IT-Outsourcing hat in den vergangenen Jahren starke Zuwächse verzeichnet, laut Statista wächst der Gesamtmarkt in Europa jährlich um rund zehn Prozent. Die Hoffnung der Unternehmen: IT wird schneller, innovativer und billiger. Dies ist durchaus machbar – wenn man seine Organisation gut durch den Sourcing-Lifecycle steuern kann. Allerdings legen viele Kunden das Hauptaugenmerk auf die Verhandlungen der Preise und Verträge (Transaction), um sich dann beim technischen und organisatorischen Übergang in der Transition- und Transformation-Phase (T&T) zurückzulehnen – trotz der vielen Reibungspunkte, die sich hier für eine langfristige Partnerschaft bilden können.

Beispiel Kundenmitarbeit: Die meisten Unternehmen sind nicht wirklich vorbereitet auf das Ausmaß und die Anforderungen ihrer Beistellleistungen, die sie in der T&T erbringen müssen. Fehlen dann die notwendigen internen Ressourcen, geht die gemeinsame Reise mit angezogener Handbremse los. Kommt es im weiteren Verlauf der T&T zu Verzögerungen, ist der Schuldige schnell ausgemacht. Provider versuchen daher, dem Kunden schon in der Anfangsphase Mitwirkungspflichten aufzubürden, die er nicht erbringen kann und die ihn unter Druck setzen. Ein Vorteil, den sie über die gesamte Sourcing-Beziehung ausspielen können, vor allem in Form von Mehraufwand für Korrekturen.

 

Mechanismen zum Schutz des Kunden

Daher kommt es bei der Vertragskonstruktion darauf an, Mechanismen zum Schutz des Kunden zu entwickeln - beispielsweise genau zu formulieren, was genau er leisten muss, um den Spielraum für Interpretationen zu verringern. Dazu werden Provider systematisch abgefragt, wie viele Ressourcen der Auftraggeber in den verschiedenen Phasen des Übergangs und mit welchen Skills oder Rollen bereitstellen muss. So kann auch der Auftraggeber genauer abschätzen, welche Investments im Verlauf der T&T auf ihn zukommen.

 

 

Kulturelle Unterschiede der Provider

Zudem finden sich bei der Abschätzung von Beistellleistungen Unterschiede zwischen den Providern, die vermutlich im Mindset und der jeweiligen Unternehmenskultur begründet sind. So tendieren IT-Dienstleister aus Nordamerika dazu, den Kunden vertraglich stark in die T&T-Arbeit einzubeziehen und dies geschickt zu formulieren. Demgegenüber verfolgen indische Provider bisweilen den umgekehrten Ansatz, indem sie die erwartete Mitwirkung des Kunden relativ niedrig ansetzen. Beide Ansätze haben Folgen für die T&T-Phase.

Zu hohe Abschätzung: Wenn die Anforderungen nicht in der Transaction-Phase aktiv gemanaged oder nicht verständlich (grafisch) dargestellt werden, haben die Kunden nicht genügend Ressourcen zur Verfügung, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Somit liegt die Schuld für Verzögerungen bei ihnen.

Zu niedrige Abschätzung: Auch hier ist der Kunde nicht auf die Realität vorbereitet. Er kann zwar den Provider wegen falscher Informationen beschuldigen, aber dennoch wird er sein Ziel verfehlen: den Service zu einem bestimmten Zeitpunkt in guter Qualität ohne Nebenwirkungen zu bekommen. Die Transition wird allgemein als „nicht erfolgreich vollzogen” wahrgenommen, und trotz des “Schuldigen” lastet ein Schatten über der Outsourcing-Partnerschaft.

 

Die T&T-Phase aktiv managen!

Ziel für den Auftraggeber muss es daher sein, die Annahmen zur T&T-Phase aktiv zu managen – vor der Vertragsunterschrift. Nur dann lässt sich bestimmen, wer wann welche Leistungen zu erbringen hat und wie Zusatzaufgaben des Kunden auf die Transition Fee angerechnet werden. In dem Zusammenhang sollte man auch die Ressourcen-Kurven der beiden Phasen zur Transition und Transformation entzerren – meist werden enge Zeitpläne gestaltet, die an eine Gauß-Verteilung erinnern. Der Bauch in der Mitte, wo der Kunde gleichzeitig an beiden T&T-Phasen mitwirken muss, kann IT-Organisationen an die Belastungsgrenze bringen. Hier sollte rechtzeitig daran gedacht werden, die Phase der Transformation in eine ruhigere Zeit zu verschieben. Denn für die IT-Organisation gilt das alte Motto: Ein unsichtbares T3 ist ein gutes T3.

 

 

Fazit: Gerade bei 2nd-Generation-Deals im Outsourcing glauben viele Kunden, dass sie sich in der T&T zurücklehnen können, während die Provider sich die Bälle zuspielen. Das ist ein Trugschluss, denn die Provider haben gegenläufige Interessen. Wer die Sourcing-Phasen als Kunde nicht aktiv und im eigenen Interesse managed, gerät schnell zwischen die Fronten.

Thomas Hauzenberger

Thomas Hauzenberger

Thomas Hauzenberger steuert seit 25 Jahren große Projekte für Transition und Transformation (T&T) im IT-Sourcing – weil es ihm Spaß macht. Seine Erkenntnis: Der hemdsärmelige Ansatz führt direkt in die Sackgasse. Daher liegt sein Fokus auf einer standardisierten Vorgehensweise.

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